Am 12. Oktober 2024 wurde das VR-Therapiesystem VT+ExpoCart3 im Rahmen der Fortbildungsveranstaltung, dem 9. Würzburger Psychotherapietag am Zentrum für Psychische Gesundheit des Universitätsklinikums Würzburg eingesetzt.
Im Workshop „Virtuelle Realität in der Psychotherapie“ unter Leitung von M.Sc.-Psych. Benedikt Schröder, Psychologischer Psychotherapeut an der Hochschulambulanz für Psychotherapie der Universität Regensburg, konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer den praktischen Einsatz virtueller Realität in der Psychotherapie direkt erleben.
Die Fortbildungsveranstaltung verdeutlichte, wie VR-Expositionstherapie mit dem VT+ExpoCart3 unter anderem bei Angststörungen wirksam eingesetzt werden kann. Die Veranstaltung zeigte praxisnah, wie niedrigschwellig und kontrolliert VR-gestützte Expositionen in therapeutische Behandlungsabläufe integriert werden können.
Foto: VT+ExpoCart3 VR-Therapiesystems beim 9. Würzburger Psychotherapietag – Vorbereitung für den Workshop „Virtuelle Realität in der Psychotherapie“.Foto: Anlieferung des VT+ExpoCart3 zur Fortbildungsveranstaltung des 9. Würzburger Psychotherapietags am Uniklinikum Würzburg.
Fotos: Aufbau und Einsatz des VT+ExpoCart3 beim 9. Würzburger Psychotherapietag (VTplus GmbH, 2024)
Veranstaltung:9. Würzburger Psychotherapietag (Programm-PDF, UKW) Veranstaltungsort: Zentrum für Psychische Gesundheit, Uniklinikum Würzburg Workshop-Leitung: M.Sc.-Psych. Benedikt Schröder, Universität Regensburg Datum: 12. Oktober 2024
Hier finden Sie einen Überblick mit Hintergrund-Informationen zu virtueller Realität, VR-Therapie, VR-Therapieforschung und aktuellen VR-Therapie Entwicklungen.
Virtuelle Realität (VR) ist eine computersimulierte Welt, welche mit Hilfe von VR-Technik so vermittelt wird, dass diese künstlichen Situationen realitätsnah wahrgenommen und erlebt werden. VR-Anwender:Innen können sich umsehen, sich bewegen und mit der virtuellen Umgebung interagieren.
Virtuelle Realität spricht visuelle, akustische, vestibuläre und je nach Anwendungsfall auch weitere Sinneskanäle an und ermöglicht Interaktion mit der virtuellen Situation mit intuitiven Nutzerschnittstellen, von Eingabegeräten über Gestenerkennung bis zu neuronalen Interfaces.
Die VR-Technik kann eine VR-Brille mit stereoskopischer Darstellung oder auch eine Mehrkanal-Projektion (CAVE) sein, unterstützt durch lokalisierbares Audio sowie ggf. weitere technische Lösungen wie eine Bewegungsplattform oder Möglichkeiten zur Vermittlung von Hitze-/Kälte/ Wind Reizen. Weitere maßgebliche VR-Technik Module sind Tracking-Systeme, Rechentechnik für 3D sowie Software zur Simulation, Darstellung und Steuerung der VR.
Die Ausstattung des VR-Systems bestimmt den Grad von Immersion und damit eine der Voraussetzungen für das Gefühl von Präsenz in der virtuellen Realität.
Mit VR können realitätsnahe emotionale Reaktionen wie Angst, Suchtverlangen / Craving oder Stress zuverlässig ausgelöst werden. Dies funktioniert mit dafür entwickelten virtuellen Umgebungen, ausgewählten Reizen und Interaktionsmöglichkeiten in einer der realen Situation entsprechenden oder auch größeren Intensität.
Dadurch werden vielfältige Anwendungsfelder zur Unterstützung von Psychotherapie, zur Rehabilitation neurologischer Störungen sowie auch der Einsatz für Diagnostik, Training und Ausbildung ermöglicht.
VR Einsatz zur Therapie
Virtuelle Realität ermöglicht im Rahmen von digitalen, medizintechnischen Lösungen eine Verbesserung der Gesundheitsverfolgung. Eine Auswahl von bereits etablierten und in Entwicklung befindlichen Anwendungsfeldern wird nachfolgend vorgestellt.
Expositionstherapie mit virtueller Realität – Evidenz
Virtuelle-Realität-Exposition soll für Patienten mit einer Spinnen-, Höhen- oder Flugphobie – wenn verfügbar – angeboten werden, wenn eine in-vivo Exposition nicht verfügbar oder möglich ist. Zugrunde liegt der zweit höchste Evidenzgrad Ib (nach Eccles & Mason, 2001), nach welchem Evidenz aus zumindest einer randomisierten, kontrollierten Studie (RCT) oder einer Metaanalyse von weniger als 3 RCTs vorliegt.
Für die Soziale Phobie kann Patienten mit einer sozialen Phobie eine Virtuelle-Realität-Expositionstherapie als Begleitung zu einer Standardpsychotherapie angeboten werden. Wobei Virtuelle-Realitäts-Expositionstherapie nicht als alleinige Behandlungsmaßnahme angewendet werden soll.
Die Leitliniengruppe schlägt vor, dass Virtuelle-Realität-Expositionstherapie als begleitende Maßnahme zu einer Standardpsychotherapie eingesetzt werden kann und merkt an, dass durch die virtuelle Realität die Rate der Patienten reduziert werden, die eine Konfrontationstherapie ablehnen.
Die Zusammenfassende Beurteilung stellt fest, dass es keine ausreichenden Hinweise gibt, dass eine Virtuelle-Realität-Expositionstherapie weniger wirksam ist als in-vivo-Exposition.
Internationale Leitlinien und regulatorische Einordnung
Das britische National Institute for Health and Care Excellence (NICE) verweist in aktuellen Empfehlungen auf das Potenzial von VR-gestützter Expositionstherapie, etwa bei Angststörungen und agoraphobischen Symptomen im Rahmen psychotischer Erkrankungen. Im Rahmen von Early Value Assessments wurde unter anderem das automatisierte VR-Therapieprogramm gameChange für den Einsatz im NHS unter definierten Bedingungen empfohlen, um schwere Agoraphobie bei Menschen mit Psychose zu behandeln – vorbehaltlich begleitender Datenerhebung und wirtschaftlicher Bewertung (NICE, 2023).
In den USA wurden VR-Therapien für bestimmte Indikationen von der Food and Drug Administration (FDA) im Rahmen des Breakthrough Device Programms priorisiert. Dies betrifft unter anderem Anwendungen zur Behandlung chronischer Rückenschmerzen sowie bei agoraphobischen Ängsten im Kontext psychotischer Störungen. Die FDA trifft dabei keine therapeutischen Empfehlungen, sondern bewertet Produkte regulatorisch hinsichtlich Sicherheit, technischer Qualität und klinischer Wirksamkeit im beantragten Anwendungsbereich. Die Breakthrough Device Designation ist keine Marktzulassung, sondern ein Förderstatus der FDA, der bei Geräten mit großem medizinischen Nutzen eine vorrangige Beratung und beschleunigte Prüfung ermöglicht.
Konfrontationstherapie im Rahmen psychotherapeutischer Interventionen
Konfrontations- und Verhaltensübungen mit virtueller Realität ermöglichen den Therapeuten und Therapeutinnen die vollständige und detaillierte Kontrolle der Situation. Die Expositionsschritte sind individuell abstufbar und beliebig wiederholbar. Die Konfrontationsübungen können in wechselnden und anpassbaren Kontexten, Wetter- und Umgebungsunabhängig durchgeführt werden.
Die Vorteile von VR für Verhaltensübungen sind u.a.:
die vollständige und detaillierte Kontrolle der Situation durch den Therapeuten
beliebig wiederholbare und individuell abstufbare Übungen und Abstufungen
Übungen in wechselnden und individuell anpassbaren Kontexten
Wetter- und Umgebungsunabhängige Übungen ohne zusätzlichen Vorbereitungsaufwand
Kontrolle von potentiell in der Realität gefährlichen Situationen
Wie VR-Therapie in der Behandlung spezifischer Ängste am Beispiel von Vortrags-, Höhen- und Spinnenangst angewendet wird, zeigt das nebenstehende Video ›› der Kinderfachklinik Bad Sassendorf in einer eindrücklichen, praxisnahen Darstellung.
VR Brille Bad Sassendorf
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VR-Therapie Komplettsysteme für Kliniken und Praxen
VR Therapie ist bereits in zahlreichen Kliniken und Ambulanzen etabliert. (siehe auch: Vorstellung ausgewählter Behandlungseinrichtungen unter ››) Die hoch integrierten VR-Therapie Systeme VT+ExpoCart2 und VT+ExpoCart3 von VTplus bieten:
optimiert für stationäre oder ambulante therapeutische Einrichtungen
vollständig aufeinander abgestimmte VR-Technik
für Therapeuten entwickelte, einfache Steuerung der Expositionsübungen
Wissenschaftlich evaluierte Benutzerfreundlichkeit und Praxistauglichkeit
Eingetragen in der Medizinprodukte-Informationsdatenbank des BfArM
VT+ VR Therapie Systeme› ermöglichen individuell kontrollierbare Expositions- und Verhaltensübungen bei Angst, Sucht sowie dem Training sozialer Kompetenz und Stressmanagement mit virtueller Realität. Die Systeme enthalten interaktive Übungen zur Therapie mit VR, unter anderem zu sozialen Ängsten wie z.B. Angst vor Vorträgen, Bewerbungsgesprächen und sozialen Interaktionen mit Mitmenschen, spezifischen Phobien wie Höhenangst, Spinnenangst, Flugangst, Klaustrophobie sowie auch bei Nikotinabhängigkeit, Möglichkeiten das Ablehnen einer angebotenen Zigarette in virtueller Realität zu trainieren.
VR Therapieforschung
Weitere vielversprechende Anwendungsfelder von VR liegen in medizinischen Therapieanwendungen, Rehabilitationsanwendungen neurologischer Störungen wie der Schlaganfall-Therapie und der Behandlung chronischer Schmerzen.
VTplus entwickelt wissenschaftlich fundierte medizintechnischen Anwendungen. Dies zeigt sich auch in der regen Beteiligung unserer Mitarbeiter an wissenschaftlichen Publikationen.
Nachfolgende Anwendungen werden in Kooperation mit namhaften wissenschaftlichen, klinischen und industriellen Partnern entwickelt und klinisch überprüft.
Neurorehabilitation nach Schlaganfall
Jährlich erleiden in Deutschland ca. 270.000 Menschen einen Schlaganfall und sind gezwungen einen langen und mühsamen Weg der Neurorehabilitation zu gehen, um die körperliche und geistige Funktionsfähigkeit wieder soweit herzustellen, dass eine gesellschaftliche und berufliche Reintegration möglich wird. Trotz des hohen Ressourceneinsatzes für neurologische Rehabilitationsmaßnahmen sind die zeitlichen Möglichkeiten der Physio-, Ergo- und Logotherapeuten für eine Individualtherapie jedoch eng begrenzt.
Im Forschungsverbund “Rehality” arbeitet VTplus mit den Verbundpartnern Neurologische Universitätsklinik Tübingen und der Hochschule der Medien an der Verbesserung der Neurorehabilitation nach Schlaganfall durch ein EEG/EMG-Hirnzustand gesteuertes Virtual Reality Therapie Paradigma.
Chronische Schmerzen verursachen bei Betroffenen oft ein langanhaltendes Leiden und schränken ihr Leben in gravierendem Maße ein. Eine alleinige medikamentöse Therapie ist langfristig wenig wirkungsvoll und mit Nebenwirkungen verbunden. Im Forschungsverbund „VirtualNoPain“ ›› wird mit Partnern aus dem Bereich Gesundheit/Medizintechnik Virtuelle Realität in Verbindung mit Neurofeedback untersucht , um chronische Schmerzen nebenwirkungsfrei zu behandeln und die Lebensqualität der Betroffenen zu steigern. Mittels VR gestütztem Neurofeedback können Betroffene lernen, bestimmte Gehirnaktivitäten selbst zu regulieren. Sie erhalten dafür Rückmeldungen über Gehirnsignale, die ansonsten nicht bewusst wahrgenommen oder gesteuert werden können.
VR wird als Methode der empirische Forschung in der Grundlagen- und angewandten Forschung eingesetzt und bietet Vorteile wie:
Virtuelle Umgebungen und VR-Simulationen sind im Vergleich zur realen Situation hochgradig standardisierbar, ermöglichen kontrollierte Manipulationen von Situationen und Riezen und sind beliebig wiederholbar.
VR Studien bieten eine höhere ökologische Validität im Vergleich zu Pen & Paper Studien, Studien mit Bild oder Video-Stimuli – bei dennoch nahezu vollständiger experimenteller Kontrolle
VR-Systeme ermöglichen eine implizite Erfassung von Verhaltensmaßen wie: Annäherung, Kopf- Körper- und Augenbewegungen mit vielfältigen Auswertungsmöglichkeiten objektiver Maße
VR Simulationen sind modifizierbar und wiederverwendbar
unterstützten Head-Mounted-Displays und Mehrkanal-Projektionssysteme
Weitere Informationen
Weitere Beiträge und Videos zum Einsatz von VR zur Therapie finden Sie im VR-Therapie Beitragsarchiv›. Presseberichte von Anwendern von VR-Therapie und VR Forschung finden Sie im Pressespiegel›.
Publikationen zur wissenschaftlichen Evidenz›› von Virtual Reality Exposure Therapy (VRET) mit einer Auswahl von randomisiert, kontrollierten (RCT) Studien, Metanalysen und Überblicksartikeln
Publikationen zu empirischen Studien›› aus den Bereichen Angstforschung, Therapieforschung, Sicherheitsforschung, neurophysiologische Forschung und weiterer experimentalpsychologischer Forschung, welche unter Einsatz der VT+ VR-Forschungssysteme und der VR-Simulationssoftware CyberSession durchgeführt wurden.
Literatur
Bandelow, B.; Aden, I.; Alpers, G. W.; Benecke, A.; Benecke, C.; Beutel, M. E., Deckert, J.; Domschke, K.; Eckhardt-Henn, A.; Geiser, F.; Gerlach, A. L.; Harfst, T; Hau, S.; Hoffmann, S.; Hoyer, J.; Hunger-Schoppe, C.; Kellner, M.; Köllner, V.; Kopp, I.; B.; Langs, G.; Liebeck, H.; Matzat, J.; Ohly, M.; Rüddel, H. P.; Rudolf, S.; Scheufele, E.; Simon, R.; Staats, H.; Ströhle, A.; Waldherr, B.; Wedekind, D.; Werner, A. M., Wiltink, J.; Wolters, J. P., Beutel M. E. Deutsche S3-Leitlinie Behandlung von Angststörungen, Version 2 (2021). https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/051-028.html
Eccles M, Mason J. How to develop cost-conscious guidelines. Health Technology Assessment. 2001; 5(16): 1–69. doi:10.3310/hta5160
NICE – National Institute for Health and Care Excellence (2023): Virtual reality technologies for treating agoraphobia or agoraphobic avoidance: early value assessment[HTE15]. Veröffentlicht: 15. November 2023. https://www.nice.org.uk/guidance/hte15
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